Quartiersmitte, Hilgenfeld (D)
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Aufgabe
Quartiersmitte Hilgenfeld in Frankfurt am Main
Typologie
Jahr
Ort
Wohnen
Mischnutzung
Öffentlicher Raum
seit 2023
Hilgenfeld
Hessen
Deutschland
Bauherr*in
ABG Frankfurt Holding Wohnungsbau- und Beteiligungsgesellschaft mbH
Größe
Status
Kollaboration
0,3 ha
in Realisierung, LP 3
pbr AG
Leistungen
Freiraumplanung
Städtebau Das klimaneutrale Wohnquartier Hilgenfeld liegt im Norden Frankfurts am Rand des Niddatals zwischen der Homburger Landstraße, der Bonameser Straße, der Trasse der Main-Weser-Bahnlinie und der nahen Autobahn A 661. Für das Areal besteht der Bebauungsplan 813, der die städtebaulichen Randbedingungen weitgehend definiert. Die Grundstücke der Gebäude B 2.2 und B 2.3 liegen in den Baufeldern B2 und B3, welche die Baugrenzen und -linien der Häuser als aufgelöste Blockstruktur definieren, gruppiert um grüne Gartenhöfe. Die gegenüberliegenden L-förmigen Grundrissfiguren der beiden Häuser bilden dabei eine geschlossene Ecke zum zentralen Quartiersplatz des neuen Wohnquartiers und stellen über die Baufluchten Bezüge zu den Nachbargebäuden her. Die Gebäude B 2.3 und B 3.2 können daher als Rückgrat des Platzes verstanden werden, angelagert an die Haupterschließungsachse des Quartiers. Die erhebliche Topographie des Areals, welches zur Bonameser Straße und vor allem zur Homburger Straße abfällt, ist in der festgesetzten Höhenentwicklung aufzunehmen. Konzept Freiraum und Hochbau Das freiraumplanerische Konzept schlägt eine Platzabfolge vor, die durch die wiederkehrenden Elemente Wasser und Spiel neben sozioökologischen Benefits ortspezifische Wanderrouten ergänzt und einbezieht. Das aktive Integrieren der Nidda-Wanderrouten soll zu einer temporären Quartiersdurchmischung und zusätzlichen Bespielung der Platzflächen führen. Die Plätze erfahren eine Multicodierung, wobei jede Platzsituation ein eigenes „Wasser-Highlight“ erhält. Die Freianlagen reagieren dabei nutzungsorientiert auf die jeweilige hochbauliche Nutzung. Das hochbauliche Konzept verfolgt den Ansatz der Ausformulierung einer differenzierten Baustruktur als Rückgrat des Quartiersplatzes. Die L-förmigen Grundrissfiguren liegen in den vorgegebenen Baufenstern, sind an der Nahtstelle des Quartiersplatzes gespiegelt und halten die Baufluchten der aufgelösten Blockstruktur ein. Eine besondere Bedeutung kommt dabei den Eckausbildungen zu, welche mit Loggien plastisch herausgearbeitet werden. Die Baustruktur nimmt die geneigte Topographie auf und ist in der Höhe gestaffelt und in Abschnitte unterteilt, die den Erschließungskernen zugeordnet sind. Die besondere Länge des Gebäudes B 2.2 wird durch einen Rücksprung im Mittelteil gegliedert. Dadurch entsteht eine besser besonnte Situation für die mittleren Wohnungen und die tieferen Gebäudeenden, welche die Baufluchten wieder aufnehmen, wirken wie Risalite in der Gebäudefront. Gebäudestrukturen Die kompakten Kubaturen (Holz-Beton-Hybridbau) werden durch Treppenhäuser und Brandwände effizient in zwei- respektive vier Bereiche unterteilt, mit Grundrissen, die über die gesamte Gebäudetiefe verlaufen oder über Eck ausgerichtet sind, mit allen Vorteilen der zusätzlichen Belichtung, Belüftung und verschiedenen außenräumlichen Bezügen. Die Balkone und Terrassen mit den großzügigen Wohn-Essbereichen orientieren sich zu den besonnten Gartenseiten und Grünflächen. Die Wohnungen im Erdgeschoss liegen auf Hochparterreniveau, um die notwendige Privatheit in Bezug auf die öffentliche Wegefläche zu gewährleisten. Die Treppenhäuser am Umlenkpunkt der L-Form nehmen die Aufzüge für eine barrierefreie Erschließung und entsprechende Wohnungen auf und sind so positioniert, dass sich die Läden des Gebäudes B 3.2 sowie die Eckwohnungen zum Quartiersplatz öffnen können und ein Abstand der Erdgeschosswohnung zur Tiefgarageneinfahrt des Gebäudes B 2.2 entsteht. Die Läden im Erdgeschoss des Hauses B 3.2 können flexibel unterteilt werden oder im Bedarfsfall sukzessive auch als Hochparterrewohnungen umgebaut werden, angeschlossen an das Treppenhaus im Nordosten bzw. analog zu den Obergeschossgrundrissen. Fassaden Die Fassaden folgen der inneren Gebäudestruktur mit der Höhenstaffelung und der Unterteilung in Gebäudeabschnitte - zugeordnet zum jeweiligen Treppenhaus. Die Abschnitte werden durch den Putzfarbton "grüne Erde" in gestaffelter Sättigung voneinander abgesetzt und bilden so eigenständige Elemente bzw. eigene Häuser ohne die Ensemblewirkung zu verlieren. Die bodentiefen anthrazitfarbenen Fenster mit Profilstahlgeländer werden mit vorgehängten farbigen Holzwerkstofftafeln und durchgehenden Solbänken aus pulverbeschichtetem Aluminium zu Bändern zusammengefasst, die die Fassaden gliedern. Die Bänder sind unterteilt durch Fenster, die sich in drei Formaten nach den Raumgrößen richten, und Holzwerkstofftafeln die in einem Farbkanon (weiß, hellblau, dunkelgrün) abwechselnd und über die Geschosse versetzt farbig eingesetzt werden. Mit diesen Mitteln entsteht ein durchgehendes Motiv, welches die gesamte Baustruktur überlagert. Die Fenster erhalten einen Sonnenschutz mit motorisch betriebenen Raffstorelamellen. Die Hauseingänge (Holzkonstruktion) werden differenziert ausformuliert und in Variationen mit seitlichen Putzflächen und Holzwerkstofftafeln individuell gestaltet. Die vertikal durchgehenden Putzflächen erhalten für eine Fassadenbegrünung Punkthalter und daran befestigten rautenförmig gespannte Seile. In den Brüstungsfeldern der Fenster im Erdgeschoss und den Fenstern der Bäder werden die Gläser mit transluzenter Mattfolie im Scheibenzwischenraum ausgeführt, wie auch die Brüstung der Loggien im Erdgeschoss. Die Balkone erhalten Flachstahlgeländer, wobei die großen Balkone auf der Gartenseite mit Stützen versehen werden, die auch als Rankhilfe zur Verfügung stehen. Der zweite Rettungsweg erfolgt grundsätzlich von den öffentlichen Verkehrsflächen über Rettungsgeräte der Feuerwehr zu den entsprechend dimensionierten Fenstern. Für die Erreichbarkeit der Wohnungen an der nordwestlichen Stirnseite ist ein Stichweg für die Feuerwehr erforderlich, mit Anleiterstellen an den Balkonen. An der nordwestlichen Außenwand der Tiefgarageneinfahrt bietet sich ein Bereich für die Aufnahme von Wertstoffbehältern mit einer Blechverkleidung und Klappen im Farbspiel der Fassaden an. Nachhaltigkeit Die Wohngebäude tragen vor allem durch ihren Anspruch des Passivhausstandards bzw. eines KfW 40 Gebäudes zur Nachhaltigkeit bei. Durch das intelligente Zusammenspiel von Architektur und Haustechnik leisten sie einen Beitrag zur CO2 Einsparung, u. a. über Nahwärmeversorgung und Geothermie. Vor allem sind dabei die sehr gute Gebäudehülle mit einem hohen Dämmstandard und der Nachweis der Luftdichtigkeit sowie die technischen Anlagen, z. B. PVT Anlage als Mehrwert zu erachten. Die Komfortlüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung ist im Zusammenhang mit dem außen liegenden Sonnenschutz ein weiterer Aspekt der Optimierung des winterlichen und sommerlichen Wärmeschutzes. Die Dachbegrünung unterstützt nicht nur die Regenrückhaltung, sondern trägt mit dem Freiraumkonzept zur Biodiversität und Schaffung eines gesunden Mikroklimas im Quartier bei. Nachhaltigkeit wird allumfassend gedacht, auch mit Blick auf soziokulturelle Themen. Die flexiblen und barrierearmen Wohnungen bieten einen hohen Komfort für Nutzer:innen. Die Erdgeschosswohnungen partizipieren mit den Freiraumflächen und gewinnen an Qualität. Das Projekt integriert sich in das vorhandene Quartier und wird damit langfristig und nachhaltig gedacht. Freiraum Alle Platzsituationen erfahren einen homogenen Materialkanon. Differenzierte Nutzungsbereiche und dessen (technische) Ansprüche erhalten unterschiedliche Befestigungs- und Versiegelungsgrade. Die Plätze erhalten in den befestigten Flächenbereichen jeweils einen gleichmäßigen Teppich aus Serizitgneis-Kleinsteinsteinpflaster, auch Taunusquarzit genannt, in ungebundener Bauweise und mit größtmöglichem, nutzungsangepassten und barrierefreiem Fugenmaß. Das regionale Pflastermaterial zeichnet sich - neben dem hervorragenden ökologischen Fußabdruck – dank seiner grün-hellgrau changierenden Farbigkeit- durch die Reflektion als kühlender Bodenbelag aus. Alle Gehölzsetzungen werden mit großen Baumscheiben eingefasst, sofern sie nicht in Pflanzflächen positioniert werden. Bei sämtlichen Neupflanzungen handelt es sich um besonders positiv bewertete Bienennährgehölze der Frankfurter Baumliste. P1 - Kornblumenplatz Die neue Quartiersmitte erfährt durch ihre differenzierten Parameter den höchsten Nutzungsdruck. Die Platzfläche wird ganzheitlich gelesen und als Shared-Space in den Straßenraum gezogen. Der Platz erweitert sich und sorgt für eine angemessene Entzerrung der Nutzungen. Gastro-Außenbereiche bekleiden die Platzfläche an den Seiten: freier Aufenthalt, informelles Sitzen und Spielen, auf dem Großteil der Platzfläche. Die Topografie wird aufgenommen und mit gleichmäßigem Gefälle nach Osten geführt. Entwurfs- und raumprägendes Element ist neben der kreisrunden Hilge-Bank das 55m lange, divers genutzte Wasserbecken. Neben mikroklimatischen Benefits leitet das Becken im Falle von Starkregenereignissen das Oberflächenwasser kontrolliert in die angrenzenden Retentionsmulden. Spieltaschen, Wasserhähne und Nebeldüsen bespielen den westlichen Teil des Beckens, dichtere Bepflanzung und schattige Verweilmöglichkeiten den Östlichen. Für lichten, atmosphärischen Schatten und wird größtenteils Gleditsia triacanthos ‚Sunburst‘ eingesetzt. Punktuell Castanea sativa. P2 - Ritterspornplatz Der süd-östlich gelegene Nachbarschaftsplatz, dessen zukünftige Nutzung maßgeblich von Aktivitäten rund um die sich ansiedelnden Nachbarschaftsgruppen geprägt wird, befasst sich ebenfalls mit dem wiederkehrenden Element Wasser - hier in Form von kreisrunden Regenrückhaltungen. Die angrenzenden Ausbauhöhen werden aufgenommen. Der Platz fällt somit gleichmäßig von West nach Ost. Über den Platz verteilt finden sich fünf kreisrunde, eingelassene Speicherbecken, die sich je nach Niederschlagsmenge unterschiedlich hoch füllen. Bei leichten Schauern halten die Becken den angefallen Niederschlag zurück. Bei Starkregenereignissen sorgt eine dezent tiefer liegende Stelle für das Ab- und Weiterleiten durch leichte Ausmuldungen in den Pflasterflächen, in den jeweils darauffolgenden, östlichen Kaskadenkreis. Das östlich gelegenste Becken entwässert via Überlauf, der wiederum einer unterirdischen Zisterne zugeleitet wird. An Hitzetagen kann der Kreislauf geschlossen werden, indem man das gesammelte Wasser via Pumpe wiederum dem westlichen Becken zu Verfügung stellt. Den Wohngruppen wird ein Teil der Platzfläche sowie ein Teil des Innenhofes als Möglichkeitsraum zugesprochen, auch um in den Austausch mit weiteren Nutzer:innen treten zu können. Der Materialkanon wiederholt sich. Der Platz ist barrierefrei erschlossen. Koelreuteria paniculata und Robinia pseudoacacia ‚Frisia‘ sorgen für punktuelle Schattensetzungen. P3 - Ackerwindeplatz Der südlichste Nachbarschaftsplatz, dessen zukünftige Nutzung maßgeblich dem direkten Wohnumfeld zugesprochen wird, zeichnet sich durch seinen in das Platzgefüge integrierten Abstand an die EG-Wohnbereiche aus, befasst sich ebenfalls mit dem wiederkehrenden Element Wasser. Hier in Form von Nebeldüsen. Auch hier wird vorgeschlagen, einen Teil des Innenhofes der (Wohn-)Gemeinschaft zuzuschreiben. Das Spielen auf dem Platz kann so ergänzt werden. Sophora japonica und Robinia pseudoacacia ‚Frisia‘ legen sich teils großzügig über den Platzrand und werden mit dichten Staudenpolstern unterpflanzt. P4 - Mohnblumengasse Die Mohnblumengasse wird durch ein Spiel- und Pflanzband erweitert. Analog zu den bereits geplanten Spielplatztaschen der umliegenden Baufelder entsteht neben einer Sandspielfläche ein Matschspiel, das sich der übergeordneten Thematik durch spielerisches Erlernen im Umgang mit der Ressource Wasser anpasst. Sechs Schnurbäume Sophora japonica ‚Princeton Upright‘ sorgen für ein angenehmes Schattendach, so dass Bocciabahn und Aufenthalt auch während der Mittagsstunden ermöglicht wird. Die Feuerwehzufahrt wird gewährleistet. P5 - Mohnblumenstraße Der kleinste Platz in der Abfolge integriert sich auffällig in die Wendehammersituation ein, erweitert und verleiht dem Raum den Charakter einer Spielstraße. Anfallendes Regenwasser wird in den Flächen des kleinen Pump-Tracks zurückgehalten und via Überlauf in den Seitenwangen abgeführt. Neben der Verbesserung des Mikroklimas bilden die Mulden auch Vorteile für Vögel und Insekten. An trockenen Tagen ist er wesentlicher Bestandteil des Spielensembles des Hilge-Bandes. Gefasste Tilia cordata ‚Greenspire‘ und Gleditsia triacanthos ‚Sunburst‘ sorgen für ausreichend Schatten in den als Sitzelement nutzbaren Randbereichen.