Neubau Grundschule, Bad Essen (D)

Aufgabe
Neubau einer 4-zügigen Grundschule mit 2-Feldsporthalle
Typologie
Auslober*in
Jahr
Ort
Bildung
Öffentlicher Raum
Sport und Freizeit
Kultur
Gemeinde
Bad Essen
2025
Bad Essen
Niedersachsen
Deutschland
Größe
Status
Kollaboration
Leistungen
2,0 ha
1. Preis
pbr AG
NH Studio
Freiraumplanung
An der Schulallee in Bad Essen soll auf einem freien, bisher landwirtschaftlich genutzten Grundstück eine neue vierzügige Grundschule entstehen. So wird die Bildungsachse entlang der Schulallee mit Gymnasium und Kita komplettiert. Im direkten Umfeld des Planungsgebietes befindet sich eine heterogene Bebauungsstruktur aus Einfamilienhäusern im Süden, der neuen Kita im Osten sowie größeren Gewerbebauten gegenüber der Schulallee im Norden. Im Westen schließt der Sportplatz an. Vorgeschlagen wird ein kompakter, zweigeschossiger Solitär mit quadratischer Grundfläche. Durch die präzise Setzung des Volumens entsteht eine klare Zonierung der Außenräume in drei Hauptbereiche – Vorplatz / Erschließung, Freizeitachse und Schulhof. Grundlegender Entwurfsgedanke ist die Verbindung zwischen Innen- und Außenraum zu fördern und so eine anregende und inspirierende Lernlandschaft zu schaffen. Der Vorplatz mit Stellplatzanlage bietet eine freundliche und klare Adresse der neuen Grundschule. Ein sicheres Ankommen zu Fuß, getrennt von Pkw und Fahrrädern, steht hier im Fokus. Vom Vorplatz und den Stellplätzen werden alle Nutzungen wie Schule, Bibliothek, Sporthalle und Musikschule auf kurzen und sicheren Wegen erschlossen und schaffen eine klare Adressbildung. In Verbindung mit der eigenständig platzierten Gemeindebibliothek in Form eines transparenten Pavillons ergibt sich hier ein neuer, identitätsstiftender Ort für Bad Essen, welcher über seine reine Erschließungsfunktion hinausgeht. Das Thema Wissensvermittlung und Bildung wird so bewusst und präsent im öffentlichen Raum inszeniert. Die Freizeitachse wird als öffentliche Freifläche mit Skatepark und Bike-Track im westlichen Teil des Grundstücks verortet – hier in direkter Nähe zum Sportplatz. Der Skatepark grenzt im Norden bis an den Busbahnhof und kann so auch seine öffentliche Wirkung entfalten – nach dem Motto: sehen und gesehen werden. Die Freizeitachse dient auch der Nord-Süd-Erschließung. Der Schulhof mit einer Gesamtfläche von 7.500 m² spannt einen gemeinsamen Freiraum mit der angrenzenden Kita auf. Die neue Grundschule bildet so ein Gegenüber im besten Sinne, ohne die Außenraumqualitäten der Kita negativ durch Bebauung oder Verschattung zu beeinflussen. So ergibt sich ein weitläufiger und großzügiger Freibereich. Architektur Das ein- bis zweigeschossige Volumen der Schule fügt sich harmonisch in die heterogene Umgebung ein. Durch ein gemeinsames, großzügiges Foyer werden die Sporthalle, Musikschule und Grundschule zentral erschlossen. Die Sporthalle ist ein Geschoss abgesenkt. Somit ergibt sich ein ebenerdiger, großzügiger Tribünenbereich, der bei Großveranstaltungen auch mit der Aula und Mensa zusammengeschaltet werden kann. Die separate Nutzung durch Sportvereine, unabhängig von der Schule, ist gegeben. Die Schule entwickelt im Erdgeschoss eine klare und übersichtliche Erschließung in Form einer „Schulstraße“, die alle Nutzungsbereiche miteinander verbindet. Das Herz der Schule ist die Aula mit Mensa. Ein zentraler Innenhof sorgt für eine gute Orientierung und natürliche Belichtung dieses zentralen Bereichs. Durch eine offene Treppe werden die „Lernhäuser“ im Obergeschoss zentral erschlossen. Die klare Erschließungsachse findet hier ihre Fortsetzung. Die Lernhäuser orientieren sich alle zum Außenraum. Die nutzbaren Dachflächen können in Form von Freiklassen multifunktional genutzt werden. Die Anbindung an den Schulhof erfolgt über Freitreppen, die eine fließende Verknüpfung zum Schulhof ermöglichen. Diese offene Struktur schafft eine flexible und inspirierende Lernumgebung. Die Materialität soll entsprechend der Bauaufgabe eine positive und freundliche Atmosphäre erzeugen. Im Sinne einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft wird eine Hybridkonstruktion aus recyceltem Beton und Holz vorgeschlagen. So werden die natürlichen Materialien sinnvoll und wirtschaftlich nach ihren positiven Eigenschaften verwendet. Dies wird im weiteren Planungsprozess weiter vertieft. Angestrebt wird, die Schule größtenteils mit klimaneutraler Energie zu versorgen. Durch Photovoltaikanlagen auf den Dachflächen der Lernhäuser und eine intelligente Lüftungstechnik wird im weiteren Planungsverlauf ein stimmiges Gesamtkonzept entwickelt. Konstruktion, Materialien Beim Bau einer neuen Grundschule sollte die Verwendung natürlicher Materialien und deren positive Wirkung ein zentrales Thema sein. Die Primärkonstruktion erfolgt in Holzhybridbauweise: Während die Primär Konstruktion im Erd- und Untergeschoss aus recyceltem Beton besteht, wird das Obergeschoss vollständig in Holzrahmenbauweise errichtet. Der Werkstoff Holz findet sich auch in der Fassade und im Innenraum wieder und kann damit in seiner vollen Bandbreite wahrnehmbar werden, indem er außen mit seiner Robustheit gegen Wind und Wetter und innen für ein wohlfühlendes Raumklima sorgt. Energie, Wärmeschutz Die Aufteilung der Fassade unterstützt die zukünftige flexible Nutzung des Gebäudes. Zudem ermöglicht sie eine gleichmäßige, optimale Belichtung der Räume sowie eine natürliche Belüftung in den oberen Geschossen. Dabei ist auch der Gedanke der Minimierung der Betriebskosten integriert. Die Oberlichter wirken in Kombination mit der Fassade als „Sonnenschornstein“ und fördern durch natürliche Konvektion eine effiziente Durchlüftung der Räume. Die städtebauliche Platzierung des kompakten Gebäudes sowie der außenliegende Sonnenschutz tragen dazu bei, den Energiebedarf zu reduzieren. Durch die gezielte Verschattung wird eine Überhitzung der Innenräume in den Sommermonaten vermieden, während in den Wintermonaten von solaren Wärmegewinnen profitiert werden kann. Dies unterstützt ein nachhaltiges und energieeffizientes Gebäudekonzept. Die Dachflächen im Obergeschoss ermöglichen die Integration einer Photovoltaikanlage zur Unterstützung der Eigenenergieversorgung. Die nutzbaren Dachflächen zwischen den Lernhäusern werden als extensives Gründach gestaltet. Beide Dachtypen tragen zur nachhaltigen Regenwasserbewirtschaftung im ökologischen Gesamtkonzept des Grundstücks bei. Das anfallende Regenwasser wird gezielt gesammelt und zur Bewässerung der großzügigen Grünflächen genutzt. Leitidee Freiraum Betrachtet man die Intensität und Zeit der Schulhofnutzung durch Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte, wird der Transformation dieser wichtigen Freiraumtypologie noch immer zu wenig Bedeutung beigemessen. Das Leitbild für die neue Grundschule Bad Essen stellt daher mit dem Angebot von ca. 20 m2 / Kind durch Hoffläche- und Dachterassenfläche eine klare Haltung für einen klimaangepassten und sozialverträglichen Schulhof dar. Ein durchgrünter und gehölzreicher Landschaftssaum schützt den vielseitigen Schulhof. Ergänzt wird dieser durch einen Dreiklang qualitativer und differenzierter Nutzungsangebote von „Grün – Sozial – Aktiv“. Auf diese Weise ergibt sich ein vielseitiges, gesundes und sicheres Lern- und Mikroklima. Erschließung Wichtig für die Gesamterschließung der Grundschule ist die Trennung von Fuß- bzw. Radverkehr und motorisiertem Verkehr. Getrennt von der fußläufigen Haupterschließung über den Vorplatz, kann die Zufahrt mit Kreiswende als Kiss+Ride-Zone genutzt werden und führt bei Bedarf auch auf die Stellplatzanlage. Diese bietet mit 128 Fahrrad-Stellplätzen und 62 Pkw-Parkplätzen (davon 2 barrierefrei und Optionen für Ladesäulen) alle nachweispflichten Kapazitäten für Schul- und Hallenbetrieb. Für alle Anlagen des stehenden Verkehrs ist ein versickerungsfähiger Belag z.B. Rasenfugenpflaster vorgesehen. Im westlichen Bereich ist für Radfahrende, die u.a. mit dem Bus ankommen eine Durchfahrt Richtung Wiehengebirge mit Routenanschluss 3 „Nonnenstein-Runde“ und 4 „Alte Flakstellung Runde“ gegeben. Ein Zugang zur Sportanlage aus der Sporthalle ermöglicht eine reibungslose Verlagerung des Sportunterrichtes an die frische Luft. An der nord-östlichen Ecke des Gebäudes befinden sich mit möglichst kurzen Ver- und Entsorgungswegen Müllcontainerfläche und Anlieferung. Hier schließen sich auch die Räume für Außenspiel und Pflegegeräte an. Für die Notfallerschließung sind in einem 6m Korridor um das Gebäude 2.000 m2 (inkl. Zufahrt) Bewegungs- und Aufstellflächen je Gebäudeseite für die Feuerwehr vorgesehen. Der Schulhof der Zukunft: Grün – Sozial - Aktiv Der große Schulhof bietet eine Vielzahl an Qualitäten. Um beispielsweise die städtebauliche Wiedererkennbarkeit und Nähe des Ortsteils Eielstädt zu fördern, werden als freiräumliche Geste großkronige Gehölze im Sinne von Anger-Bäumen auf dem Schulhof eingesetzt. Es ergeben sich vielseitige Synergien bestehend aus ausgleichendem Mikroklima durch Schattenspende, UV-Schutz, Feinstaubbindung, Luftaustausch, Biodiversität, sozialer Treffpunkt und ortsspezifischer Identität. Die offenen und unterschiedlichen Nutzungsbereiche Grün – Sozial – Aktiv eint somit die Nähe und Erlebbarkeit der schützenden und charismatischen Großgehölze. Dank ihrer Größe ist die Saisonalität auch aus den Klassenräumen im Obergeschoss erlebbar. Entlang der Böschungslandschaft verlaufen verschiedenen Streifwege für Bewegung und Beruhigung im Grünen. Zudem bieten Waldkissen, Balancierbalken, Sitzstufen und eine Hangrutsche zusätzliche Aktivitäts- und Aufenthaltsmöglichkeiten. Grün Auf dem Schulhof werden verschiedene Angebote geschaffen, um im Grünen zu lernen und das Verhältnis von Mensch und natürlicher Umgebung zu fördern. Besonders geeignet ist dafür der große Klassengarten. Ein zusätzlicher Regengarten mit nachgenutztem Regenwasser der Oberflächen und ein Streuobstgarten ergänzen die Themen „Wasser“, „Ernährung“ und „Biodiversität“. Gemeinsam ergeben sie die Kreislaufgärten, die didaktisch ins Schulkonzept eingebunden können, in denen man gärtnerisches Wissen und Fähigkeiten lernt sowie natürliche Prozesse beobachten kann. Sozial Im Schulhof-Forum gibt es eine Vielzahl an Aufenthaltsmöglichkeiten, die jegliche Form der Kommunikation fördern. Ein Zusammenspiel aus nutzungsoffenem Podest und einer wilden Tribüne in der Böschung können als Freiraumtheater aktiviert werden. Eine kleine Hügelgruppe bietet neue Perspektiven des Austausches und Beobachtung. Diverses multifunktionales Mobiliar kann flexibel je nach Nutzung eingesetzt werden. Aktiv Im Verhältnis zu den anderen Nutzungsbereichen ist dem südwestlichen Teil des Schulhofes eine aktive Bewegungszone vorgesehen. Schülerinnen und Schüler können sich hier ausgiebig austoben und gemeinsam sportlich-spielerisch eine aktive Pause genießen. Das Sportspielfeld bietet für unterschiedliche Spielsportarten eine sichere Fläche. Bodentrampoline und Wackelplatten dienen durch Gleichgewichts- und Balancierübungen der motorischen Entwicklung. Der insgesamt hohe Durchgrünungsgrad, üppige Baumvegetation und geringe Versiegelung sorgen für Verminderten Hitze- und Strahlungsbelastung. Die freiräumlich-pädagogische Ausrichtung des Schulhofes steht für einen inklusiven Lernort, der sowohl ruhige als auch aktive Nutzungen ermöglicht. Dank dieser umfangreichen Gestaltung stellt der Entwurf für das Eielstädt-Lockhauser-Feld ein sozialverträgliches und klimaangepasstes und somit auch zukunftssicheres Umfeld der neuen Grundschule dar.